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I. Einleitung

1Nicht nur gehören die Neukantianer zu den Gründungsvätern der modernen Kulturphilosophie, vielmehr ist der Neukantianismus selbst im Kern Philosophie der Kultur. Aber in welchem Sinne ist der Neukantianismus Kulturphilosophie? Diese Frage ist nicht zuletzt wichtig, wenn es darum geht zu verstehen, was neukantianische Rechtsphilosophie ist. Deshalb gehe ich zunächst knapp auf das kulturtheoretische Profil des Neukantianismus ein (I). Anschließend wird die neukantianische Rechtsphilosophie thematisch (II). Angesichts der Tatsache, dass eine spezifische Rechtsphilosophie von den führenden Denkern des Neukantianismus nicht entwickelt wurde, werden in einem abschließenden Teil Probleme im Verhältnis von neukantianischer Rechtsphilosophie und dem, was in der Forschung „juristischer Neukantianismus“ genannt wird, herausgearbeitet (III).

II. Neukantianismus als Kulturphilosophie

2Die Neukantianer konzipieren Philosophie als Philosophie der Bestimmungsdeterminanten menschlichen Verhaltens, als, wie die südwestdeutschen Neukantianer sagen, Wertphilosophie bzw. Philosophie der symbolischen Formen, wie sich der Marburger Neukantianer Cassirer ausdrückt bzw. Ideenlehre, um einen schulübergreifenden Terminus zu verwenden. Als umfassende Philosophie solcher Bestimmungs- oder Orientierungsdeterminanten erweist sich die Philosophie als Philosophie der Kultur: sie schickt sich an, deren Grundlagen zu bestimmen.

3Für ein Verständnis neukantianischer Philosophie ist also die Einsicht wichtig, dass Philosophie Grundlagenwissenschaft ist. Insofern greift der Neukantianismus das ursprüngliche Anliegen der Metaphysik auf, dem menschlichen Selbst- und Weltverständnis auf seinen Grund zu gehen. In problemgeschichtlicher Hinsicht ist hier an erster Stelle Platons Philosophie zu nennen, mit der gerade die Neukantianer sich ausführlich auseinandergesetzt haben. Für die Neukantianer weist Platon die Philosophie zwar als Idealismus aus, konzipiert jedoch das Reich der Ideen inadäquat, denn ebenfalls in der Art des Seienden. Logik und Ontologie, Denken und Sein sind hiernach unzureichend unterschieden bzw. aufeinander bezogen. Hinter Platons Ideenlehre steht eine Metaphysik des Transzendenten (Übersinnlichen).

4Kants Transzendentalphilosophie hat den Neukantianern zufolge einer derartigen Reifikation von Ideen ein Ende bereitet. Die Sphäre philosophischer Grundlagen erweist sich als eine Sphäre von Prinzipien, die den Grund unseres Denkens, Tuns und Lassen ausmachen: als ein Ganzes von Prinzipien der Geltung, d.h. als begriffliche (‚logische‘) Bedingungen, die den Gegenstandesbezug unseres Denkens und Handelns allererst ermöglichen. Ontologie setzt stets eine Logik ihres Gegenstandes voraus. Kant begründet die Erkenntnis entsprechend in der Erkenntnisrelation selbst qua Inbegriff von a priori Bedingungen, die sowohl unsere Erkenntnis als auch die Gegenstände unserer Erkenntnis ermöglichen. Die objektive Geltung dieser Bedingungen wird nicht durch den Rekurs auf ein Seiendes ausgewiesen, sei es ein transzendent Seiendes (Metaphysik) oder ein immanent Seiendes (Empirismus), sondern durch den Nachweis ihrer Funktion, Erfahrung zu ermöglichen. Dieser Rückbezug auf Kant schien den Neukantianern auch deshalb geboten, weil nach Hegels Tod die bis dahin führende Philosophie der nachkantischen Idealisten ihre beherrschende Stellung im geistigen Leben Deutschlands verloren hatte. Dem Siegeszug von nunmehr auftrumpfenden fachwissenschaftlichen Reduktionen vom Sollen auf das Sein, von Normativem auf Faktisches, wollte der Neukantianismus durch eine Aktualisierung Kants aus den Angeln heben.

5Was aber heißt hier Neukantianismus? Obwohl es breitere Definitionen des ‚Neukantianismus‘ gibt, lässt der Begriff ‚Neukantianismus‘ bzw. ‚neukantianischer Kritizismus‘ sich am besten verwenden für die sich Ende der siebziger Jahre formierenden Schulen von Marburg – Hermann Cohen, Paul Natorp, Ernst Cassirer u.a. – und Südwestdeutschland – Wilhelm Windelband, Heinrich Rickert, Emil Lask, Bruno Bauch u.a. Dieser Neukantianismus im strikten Sinne enthält nämlich seine ausgereiften Lehrstücke. Hinsichtlich des sachlichen Gehalts dieses eigentlichen Neukantianismus lassen sich mehrere Aspekte unterscheiden. Zu ihnen gehört eben auch der Bezug auf Kant.

6Gewiss greifen die führenden Neukantianer dezidiert auf Kant zurück. Dieser Rückgriff soll jedoch keineswegs eine bloße Erneuerung des historischen Kant sein. Vielmehr gilt es, die Philosophie mit der Hilfe Kants systematisch weiterzubilden. Diese Weiterbildung erfolgt unter der Ägide des Problems der Geltung, d. h. der Geltungs­bestimmtheit unserer theoretischen und atheoreti­schen (praktischen, religiösen, ästhetischen etc.) Leistungen. Für die Neukantianer ist Philosophie Geltungstheorie.

7Im Zuge Kants lässt sich für die Neukantianer die Bestimmtheit menschlicher Leistungen oder Objektivationen, als die Produkte der Vernunft, die sie sind, nur über ihre Geltungsbestimmtheit ermitteln, genauer: über die Prinzipien derGeltung dieser Leistungen. Zugleich kommt es ihnen darauf an, Kants Idee einer sich weder in metaphysischen Spekulationen – wie es den Neukantianern zufolge im nachkantischen Idealismus der Fall ist – noch in positivistischen Verkürzungen verlierenden Methodik, mit der das Problem der Geltung philosophisch bewältigt werden soll, aufzugreifen und auszufeilen. Sie streben eine Verbesserung und Aktualisierung Kants in einer durchaus anderen problemgeschichtlichen Situation an. Dabei unterscheiden sie streng zwischen Geltungsbestimmtheit und Seinsbestimmtheit. Gemäß Kants Vorlage beziehen sie Sein und Geltung dergestalt aufeinander, dass sie die Seinsbestimmtheit in der Geltungsbestimmtheit begründen und damit ‚Ontologie‘ in ‚Erkenntnistheorie‘. Ihrem Verständnis von Kants transzendentaler Methodik gemäß, setzt die philosophische Reflexion bei einem Gegebenen, d.i. der konkreten Erfahrung, wie es auch heißt: dem ‚Faktum‘ der Kultur an, um sodann dessen Prinzipien (‚Bedingungen der Möglichkeit‘) auf- und auszuweisen.

8Indem es dem Neukantianismus in der Nachfolge Kants weder in direkter Gegenstandszuwendung um die Dinge, noch um das nicht weniger dinghafte empirische Ich bzw. um die Relation dieser Relata geht, sondern um die Bestimmung der Geltungsstruktur der Erfahrung, so richtet er sich zugleich gegen metaphysische und naturalistische Ansätze der Philosophie. Denn in solchen Ansätzen werden menschliche Leistungen immer als ein Seinsverhältnis begriffen. Sie stellen deshalb nach dem Urteil der Neukantianer eine Deprivation des Geltungsproblems dar.

9Bei der Bewältigung dieses Problems spielt die Unterscheidung von ‚reinem‘ und ‚empirischem‘ Subjekt eine große Rolle: die Unterscheidung eines Inbegriffs von Geltungsprinzipien (‚Aprioritäten‘, ‚Werten‘) als des der Geltung ‚Zugrundeliegenden‘ (subjectum) einerseits und des diesem Inbegriff unterworfenen Menschen anderseits. Es betrifft ein proportionales Geltungsverhältnis von unbedingter Forderung des reinen Subjekts und bedingter Erfüllung durch das empirische Subjekt. Von diesem Verhältnis her lässt sich verstehen, weshalb der krisenhafte Dualismus von Sein und Sollen den Neukantianern zufolge auf philosophisch unhaltbaren Prämissen beruht: Sein gründet immer im Sollen. Entsprechend versuchen die Neukantianer im Ausgang von vorliegenden Kultur­gebieten (Erkenntnis, Recht, Kunst, Religion usw.) deren Eigenbestimmtheit durch eine geltungsreflexive Aufdeckung ihrer Geltungsprinzipien oder Sinnkonstituentien zu artikulieren.

10Für den Neukantianismus der Marburger und Südwestdeutschen bildet das Problem der Geltung unserer theoretischen und atheoretischen Leistungen das Grundproblem der Philosophie. Es ist durch eine Bestimmung der Prinzipien ihrer Geltung zu lösen. Diese Prinzipien machen, mit Blick auf Kant gesprochen, die Sphäre des ‚Transzendentalen‘ aus. Das Transzendentale ist daher nicht zu verwechseln mit der Psychologie eines empirischen Subjekts oder einer absoluten metaphysischen Realität. Weit entfernt davon, die Welt, in der wir leben, als sinn- und wertlos zu erklären, fördern die Neukantianer ihre philosophischen Grundlagen zu Tage und damit ihre Vernünftigkeit. Der Begriff der Kultur übernimmt dabei jene fundamentale und universale Rahmenfunktion, die traditionell vom Begriff der Metaphysik besetzt wurde. Damit zur Rechtsphilosophie als Kulturphilosophie!

III. Rechtsphilosophie als Kulturphilosophie

1. Das Interesse der Rechtswissenschaft für den Neukantianismus

11Tatsächlich hat der Neukantianismus stark auf die Rechtswissenschaft und deren Philosophie gewirkt. Diese Wirkung ergibt sich zunächst aus der nachidealistischen Sinnkrise, auf die der Neukantianismus mit seinem Rückgriff auf Kant und dessen Idee der Transzendentalphilosophie reagiert hat. Er ermöglichte es der Rechtswissenschaft, sich ihres Wissenschaftscharakters zu vergewissern.

12In Deutschland sind Empirismus und Positivismus erst nach Hegels Tod bedeutsam geworden. Es handelt sich dabei zunächst in wissenschaftstheoretischer Ausrichtung um eine Art Naturwissenschaftler-Philosophie, an der sich vor allem von Helmholtz, Hertz, Avenarius, Mach und Laas beteiligen, bevor die Naturwissenschaften sich darüber hinaus auch als kulturelle Führungsmacht begreifen und als Szientismus zu einer einflussreichen Weltanschauung werden. Auch in der Rechtswissenschaft wird in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Positivismus dominant. Hiernach hat sich der Rechtswissenschaftler, näherhin der Rechtsdogmatiker in der Rechtsbestimmung auf die vorliegenden ‚Tatsachen‘, d.i. das empirische Gesetzesmaterial, das positive Recht, zu beschränken, in der Absicht es nach dem Vorbild der Naturwissenschaften zu klassifizieren und systematisieren (so etwa bei Bierling, Merkel, Bergbohm oder Strafrechtlern wie Binding und von Liszt). Gerade auf meta-juristische normative Gesichtspunkte, wie sie in der Naturrechtslehre und den Philosophien des deutschen Idealismus von Kant bis Hegel in Anschlag gebracht wurden, gilt es zu verzichten. Im Gegenzug kommt es dann allerdings zur Integration von anderen empirischen Wissenschaften in die Rechtswissenschaft wie Biologie, Ökonomie, Soziologie und Psychologie.

13Der neukantianische Rückgriff auf Kant und dessen Sphäre des Transzendentalen will nicht zuletzt im Gegensatz zu solchen naturalisierenden Versuchen zu einem Konzept von Normativität gelangen, das ein adäquateres Verständnis der Welt des Menschen verspricht. Diese anti-positivistische Stoßrichtung teilt der Neukantianismus selbstverständlich mit der tradierten Naturrechtslehre, der es ebenfalls auf einen meta-positivistischen Maßstab für das positiv anerkannte Recht ankommt. Deren metaphysisches Profil soll freilich abgestreift und in eine moderne Vernunftlehre transformiert werden. Transzendentalphilosophie ist generell auf ein nachmetaphysisches Konzept von Sinn aus (Krijnen 2001, 2013), also auch auf ein nachmetaphysisches Verständnis von Recht. Es wundert daher nicht, dass beispielsweise Neukantianer der jüngeren Generation wie der südwestdeutsche Lask (1923) oder der Marburger Cassirer (1932) den Begriff einer modernen Rechtsphilosophie vor dem Hintergrund des Positivismus und der vorkantischen Naturrechtslehre entwickeln. Mit Cassirer (1932, 8) gesprochen verficht die moderne Naturrechtstheorie, d.i. deren transzendentalphilosophische Variante, die „alte Platonische These“, dass es ein Recht jenseits der „bloßen Macht- und Willenssphäre“ gibt, ein Recht, das seine Grundlage in der „reinen Vernunft“ als dem „ursprünglich-Setzenden“ hat. Für Lask (1923, 279) zielen Transzendentalphilosophie und „naturrechtliche Metaphysik“ beide zwar auf die „absolute Bedeutung“, den „absoluten Sinn von Recht und Gerechtigkeit“, konzipieren das Verhältnis zwischen dem unbedingten Geltung beanspruchenden Wert des Rechts und der empirischen Rechtswirklichkeit jedoch „grundverschieden“. Radbruch (1963, 107) hat diesbezüglich einst vom „Kulturrecht“ als dem modernen „Naturrecht“ gesprochen.

14Vor diesem Hintergrund des Positivismus und der Naturrechtslehre wird der besondere Reiz des Neukantianismus für die Rechtswissenschaft sichtbar. Mit Radbruch und Kelsen hat es zwei vom Neukantianismus positiv beeinflusste Rechtsphilosophen gegeben, die zu den wichtigsten des 20. Jahrhunderts gehören, was für sich genommen schon dem Thema ‚Neukantianismus und Rechtsphilosophie‘ ein fortwährendes Interesse beschert (Alexy et al. 2002; Wapler 2008; Ziemann 2009). Deutlich beeinflusst vom südwestdeutschen Neukantianismus, konzipiert Radbruch in seiner Rechtsphilosophie das Recht als Wertphänomen, als vom Wert der Gerechtigkeit bestimmte Wirklichkeit und bietet damit eine Kulturphilosophie des Rechts. Für Kelsen gilt ebenfalls, dass wichtige Lehrstücke seiner ReinenRechtslehre vom Neukantianismus beeinflusst sind, besonders die südwestdeutsche Unterscheidung von Sein und Sollen bzw. Wert und Wirklichkeit und die damit einhergehende methodologische Differenzierung naturwissenschaftlicher und kulturwissenschaftlicher bzw. normativer Betrachtungsweise oder sein Verständnis der Reinen Rechtslehre als Ausprägung der transzendentalen Methode, so wie er sie im Marburger Neukantianismus vorgefunden hat. Aber es sind dies nur die heute bekanntesten Juristen und Rechtsphilosophen. Rudolf Stammler (1902) etwa hatte mit seiner Lehre von der Rechtsidee und dem Rechtsbegriff aus dem Geist des Marburger Neukantianismus die rechtsphilosophische Diskussion über Positivismus und Naturalismus seit Ende des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg ganz wesentlich mitbestimmt. Und der frühe Julius Binder (1915) beispielsweise stand ebenfalls unter neukantianischen Fittichen. Im Einzelnen sind hier noch eine ganze Reihe weiterer Juristen zu nennen. Diese Tatsache ist in der Forschung gut bekannt.

2. Neukantianische Rechtsphilosophie

15Gut bekannt ist allerdings auch die Tatsache, dass sich eine ausgearbeitete Rechtsphilosophie bei den genuinen Vertretern des Marburger und südwestdeutschen Neukantianismus nicht findet. Immer wieder wird als Inspirationsquelle zwar Lasks Habilitationsschrift Rechtsphilosophie genannt, aber sie ist weder eine ausgearbeitete noch eine sonderlich tiefschürfende Arbeit. Gleichwohl ist sie die einzige spezifisch rechtsphilosophische Arbeit, die von einem der führenden Marburger oder südwestdeutschen Neukantianer verfasst wurde. Das, was man aus juristischer Sicht als neukantianische Rechtsphilosophie bezeichnet, ist vor allem eine Leistung von philosophisch interessierten und gebildeten Juristen.

a. Südwestdeutsche Tradition (Windelband, Rickert, Bauch, Lask, Cohn)

16Bezüglich der Südwestdeutschen fällt gleichwohl zunächst auf, wie sehr sie darum bemüht sind, die Relevanz der transzendentalen Wende in der Philosophie für die Bestimmtheit auch derjenigen kulturellen Wirklichkeit herauszustellen, die das Recht ist. Ob Wilhelm Windelband (1923, 321 ff.), Heinrich Rickert (1929, 721 ff.), Bruno Bauch, Emil Lask (1923, 287 ff.) oder Jonas Cohn (1932, 350 f.), sie alle nehmen die Naturrechtslehre als ein Begründungsmodell in den Blick, das durch das transzendentale überwunden wird. Im Vergleich mit Windelband, Bauch oder Cohn, fristet das Recht in Rickerts Wertphilosophie insofern ein Schattendasein, als er zwar vereinzelte Bemerkungen zum Recht macht, jedoch keine eigene Philosophie des Rechts entwickelt, die den Gehalt des Wertbegriffs des Rechts Definitheit verleiht. Südwestdeutsche Neukantianer wie Windelband (1923, § 15, bes. S. 321 ff.), Bauch (1935, 190 ff., bes. 211 ff.) und Cohn (1932, 341 ff., 583 ff.) bieten da in ihren späten Arbeiten erheblich mehr an Analyse als Rickert. Gleiches gilt für den jungen Lask. Seine Habilitationsschrift Rechtsphilosophie enthält zwar eine eingehende, südwestdeutsch orientierte Beschreibung der formalen und materialen „kritischen“ Rechtsphilosophie, wobei er der Schuldoktrin entsprechend die Idee eines Systems absoluter Werte anerkennt (Lask 1923, 289 f.); systematisch jedoch rückt er das „methodologische“ Profil der Rechtswissenschaft, die „Logik der Rechtswissenschaft“ in den Vordergrund (Lask 1923, 306 ff.). Will man sich ein Bild vom spezifischen Umgang mit der philosophischen Frage nach dem Recht im südwestdeutschen Neukantianismus verschaffen, dann sollte man gerade auch jene anderen Arbeiten in Betracht ziehen. Wer dabei jedoch hofft, eine auch nur halbwegs ausgearbeitete, zumindest in ihren Grundzügen skizzierte und auf die grundlegenden Begriffe des Rechts als Gegenstand der Rechtswissenschaften abzielende Doktrin anzutreffen, wird enttäuscht sein. Im Wesentlichen erfährt das Recht eine systemtheoretische Exposition, aus der seine Grundbestimmtheit hervorgeht: Windelband teilt die Probleme der Philosophie in seiner Einleitung (1923) dergestalt in theoretische und axiotische ein, dass die axiotischen die ethischen, ästhetischen und religiösen Probleme betreffen. Zudem wird dabei das Soziale im Rahmen der „praktischen Philosophie“ bzw. der „Ethik“ bestimmt (Windelband 1923, §§ 13 mit 15). Das Gesamtproblem der Ethik ist Windelband (1923, 258) das des Menschen, „insofern er aus seinem Willen heraus handelt“. Das Soziale wird hier als Inbegriff von „Willensgemeinschaften“ (Windelband 1923, § 15) durch die „Gesellschaftslehre“ (Windelband 1923, 258) thematisiert, so dass etwa auch eine „Wirtschaftsgemeinschaft“ als die Willensgemeinschaft, die sie ist, in „letzter Instanz“ in der Ethik „wurzelt“ (Windelband 1923, 311 f.). Die Willensgemeinschaft ist eine Realisierungsbedingung der Kultur: ihre Aufgabe ist das Erzeugen von Kultur (Windelband 1923, 319 f.). Entsprechend thematisiert Windelband ‚das Recht‘ zwar im Rahmen der Ethik bzw. praktischen Philosophie, gleichwohl bestimmt er dessen Sinn, Zweck oder Aufgabe als Realisierungsbedingung von Kultur (Windelband 1923, 325 ff.), nämlich der Regelung äußerer Freiheit gemäß einem allgemeinen Vernunftgesetz (Kant), näherhin eine staatlich bestimmte Ordnung (Windelband 1923, 317, 325 f., 329 f.).

17Bauch denkt das Recht in seinen Grundzügen der Ethik (1935) ebenfalls im Kontext vom Gemeinschaftswert, näherhin als sozialer Verband qua Wertverband des Gemeinschaftslebens, also nicht bloßer Interessenverband (Bauch 1935, 210 ff.). Zu den fundamentalen Strukturen des Gemeinschaftslebens gehören ihm (neben Familie und Erziehung) auch „Staat und Nation“. Sinn und Zweck des Staates ist es, die Gemeinschaft in der Gesellschaft zu sein. Der Staat regelt das Leben der Gemeinschaft so, dass es Gemeinschaft werde. Das Recht (im juridischen Sinne) erweist sich dabei gemäß der Kantischen Rechtsbestimmung als im „Recht auf Pflichterfüllung“ gegründete und mit Rechtszwang verbundene Regelung des Zusammenbestehens der Freiheit eines jeden mit der aller anderen, als „Freiheitsregelung: Regelung der Freiheit der Person zur Persönlichkeit, der Gesellschaft zur Gemeinschaft“ (Bauch 1935, 214). Die positiven Gesetze des Staates sind ein Instrument dieser Regelung. Das Recht ist Freiheitssicherung. Dadurch werden Werte realisiert; wie Bauch sagt, ist das auf Gemeinschaft und Persönlichkeit bezogene Wertganze ein Ganzes von Aufgaben; deren Darstellung im wirklichen Leben ist die Kultur (Bauch 1935, 218). Das Recht ist das Recht auf Freisein zur Pflichterfüllung in Kultur (Bauch 1935, 219).

18Cohn hat mit seiner Wertwissenschaft (1932) ein System vorgelegt, das nicht nur in vielfältiger Weise auf soziale Phänomene eingeht, sondern in dem zugleich die Verwirklichungsdimension der Geltung in der Weise einer ‚Ergetik‘ (Lehre von der Wertverwirklichung) bestimmt wird. Die Wertphilosophie kann sich also nicht in einer ‚Axiotik‘ (allgemeinen Wertlehre) und ‚Systematik‘ (der Werte) erschöpfen. In der Ergetik geht es um das Verhältnis von Wert und Aktivität des Menschen. Hier denkt Cohn (1932, 350 f.) das Recht als positive Gesellschaftsregelung, das des Normen aus sich selbst erzeugenden „Vernunftrechts“ als seines Maßstabes bedarf. Der Staat wird sodann als das ausgesonderte Machtsmoment der Gemeinschaft, als Inbegriff der Macht bestimmt (Cohn 1932, 606 ff.). Er ist unbedingt souverän. Auch das Recht ist Satzung des Staates, aber an ebendiese Satzung und damit seinen Ordnungswillen ist auch der Staat unterworfen. Insofern steht die Vernunft über dem Staat und der staatlichen Willkür, und zwar nicht nur hinsichtlich der „formalen Gesetzmäßigkeit“, sondern auch bezüglich der „materialen Gerechtigkeit“ (Cohn 1932, 608 f.). Das „ungerechte Gesetz“ ist wertwidrig, mag es auch positiv gelten (Cohn 1932, 609). Zwar setzt der Staat das Recht als positives, verleiht dem positiven Recht also den Wert der „formalen Rechtsgeltung“, gleichwohl schöpft er den Gehalt der Gesetze nicht aus sich selbst: positives und richtiges Recht sind nicht identisch (Cohn 1932, 611).

19Die skizzierte südwestdeutsche Rechtsphilosophie betrifft also im wesentlichen Gedanken zum Sinn des Rechts, dessen Stellenwert im System der Philosophie und die dafür ausschlaggebende Bestimmtheit. Mit dieser Ausgliederung und ansatzmäßigen Bestimmung des Rechts betreiben die Südwestdeutschen, mit Kant gesprochen, das ‚kritische Geschäft‘, nicht eine doktrinäre Ausarbeitung des Rechts. Wie Bauch es einmal in einem Aufsatz über das Rechtsproblem in Kants Philosophie formuliert hat: die Aufgabe ist der „Aufweis des Rechtsproblems“ und seine „Stelle“ im „System der kritischen Philosophie“ (Bauch 1921, 2). So wird die „quaestio juris, was Rechtens ist“ im Unterschied von der „quaestio facti“ bezüglich des Rechts aufgeworfen. Sie ist Bauch die „eigentlich ‚kritische‘ Fragestellung“ (Bauch 1921, 3). – Noch die vom Neukantianismus inspirierte Transzendentalphilosophie der Nachkriegszeit hat es bei einer grundsätzlichen Auszeichnung des Rechts belassen (Wagner 1980, § 28). In Flachs Ideenlehre spielt das Recht so gut wie keine Rolle, wird aber wie bei Wagner der Sphäre des Ökonomisch-Sozialen zugeordnet (Flach 1997, 144 f. mit 152 u. 156).

b. Marburger Tradition (Cohen, Natorp)

20Im Grunde ist es bei den Marburgern nicht anders. Das noch zu dessen Lebzeiten erschienene religionsphilosophische Buch Cohens trägt bezeichnenderweise den Titel Der Begriff der Religion im System der Philosophie (1915). Cohen beginnt diese programmatische Schrift mit Ausführungen über das Problem der Begriffsbestimmung einer Wissenschaft (Cohen 1915, Kap. 1, § 1), begreift den Begriff der Religion als Voraussetzung aller Rede von irgendwelchen (historisch situierten) Konkretionen (Cohen 1915, § 6, vgl. § 8) und bestimmt damit den Begriff der Religion zu einem Problem der Philosophie (Cohen 1915, § 9). Die Religion, als das Kulturfaktum, das sie ist, gilt es dabei im „Rechtsgrund ihres Bestehens“ zu klären (Cohen 1915, § 15). Diese philosophische Klärung lässt sich nur hinreichend durchführen, wenn die Stellung des zu Klärenden innerhalb des Systems der Philosophie bestimmt wird (Cohen 1915, §§ 18 f. mit 30), und damit seine Stellung innerhalb des Kulturganzen. „Die Philosophie kommt nur als System zu ihrem Begriffe“ (Cohen 1902, 512). Ganz im Sinne seines Verständnisses der transzendentalen Methode geht die Philosophie Cohen zufolge immer von der „Faktizität“ vorliegender Kulturgebiete („Grundmächte der Kultur“) aus und befragt sie nach ihrem Recht, nach dem „Rechtsgrund ihres Bestehens“, d. i. nach der objektiven Gültigkeit ihres fundierenden Begriffs; sie fragt damit nach den Bedingungen, die ihren Geltungswert sichern; dieser „transzendentalen Inquisition“ ist wie jedwedes „Kulturfaktum“ auch das Recht oder der Staat zu unterwerfen (Cohen 1915, §15). Laut Cohen setzte sich diese Inquisition nur „oberflächlich“ ins Werk, ginge es dabei nur um die Auszeichnung philosophischer Motive; indes ist der Wirt der philosophischen Rechnung das System der Philosophie (Cohen 1915, § 18). Eine nicht vom System der Philosophie als dem „Mittelpunkt“ her bestimmte „Abzweigung“ des Begriffs der Philosophie bleibt „haltlos und unmotiviert“ (Cohen 1915, § 30).

21Während beim frühen Cohen in Kants Begründung der Ethik dieser Systembezug noch eine Form annimmt, die er später in seiner Logik der reinen Erkenntnis bzw. Logik des reinen Willens aufgegeben hat, nämlich, dass schon das Erkennen von einem Sollen geleitet wird (auch wenn dieses Sollen nicht wie bei Rickert als konstitutiv, sondern nur als regulativ gedacht wird), also nicht bloß methodisch der Logik oder Erkenntnistheorie als der philosophia prima verbunden ist, sondern sich sachlich aus ihr ergibt, bleibt sie für Natorp maßgebend: Natorp konzipiert das Sollen als regulative Idee des unendlichen Erfahrungsfortgangs. Von diesem regulativ bestimmten theoretischen Sollen gelangt Natorp zur Einbindung der Ethik in das philosophische System. Das Erkennen unterliegt bei Natorp einem ihm immanenten Sollen qua Erfüllung einer unendlichen Aufgabe der Erkenntnis dessen, was ist (Natorp 1921, 61 ff., bes. 66 ff.). Der Aufgabencharakter der Erkenntnis wirft systemisch das Moment des ‚Wollens‘ ab; das Gesetz des Sollens spricht sich als „Gesetz des Wollens“ aus (Natorp 1921, 74), zunächst freilich als das Wollen der Erkenntnis (Natorp 1921, 75). Die geltungsreflexive Bestimmung einer Kultursphäre gibt das Moment für die Bestimmung einer nächsten Kultursphäre her. Innerhalb der Ethik zeigt sich sodann die „Willens-Gemeinschaft“, die „Vernunft der Gemeinschaft“, die „soziale Vernunft“ als Moment der Idee des Guten im Sinne des unbedingt Gesetzlichen (Natorp 1921, 81 ff.). Die Vernunft der Gemeinschaft besteht in der „sozialen Regelung“ (Natorp 1921, 85). Durch sie wird ein Wille der Gemeinschaft hergestellt. Die „rechtliche Regelung“ ist Natorp zufolge die explizite Form solcher Regelung (im Unterschied von impliziten Formen wie Sitte und Brauch etwa): sie spricht sich als „Willenserklärung der Gemeinschaft“ vergemeinschafteter Individuen aus (Natorp 1921, 86). Damit erfüllt das Recht die spezifische Geltungsfunktion der Regelung menschlichen Zusammenlebens als eines vernünftiges Zusammenlebens.

22Cohen indes konzipiert seine Ethik des reinen Willens geradezu als Rechtsphilosophie: „die Ethik muss selbst als Rechtsphilosophie sich durchführen“ (Cohen 1904, 213). Sie handelt freilich von der „Idee des Guten“ (Cohen 1904, VI). Sie tut dies als eine „Lehre vom Begriff des Menschen“ (Cohen 1904, 1 ff.). Indem sie so grundlegende Begriffe wie Wille, Person, Handlung usw. philosophisch bestimmt, wird Cohens Ethik zur „Prinzipienlehre der Philosophie von Recht und Staat“ (Cohen 1904, V). Der Begriff des Menschen ist Cohen nämlich ein normativer Begriff. Während die Logik der Erkenntnis das Sein der Natur qua Inbegriff naturwissenschaftlicher Erkenntnis als denkerzeugt ausweisen will, nimmt sich seine Ethik des reinen Willens des Seins des Sollens vor (Cohen 1904, 26). Das Wollen wird durch das Sollen als bestimmt gedacht. Näherhin ist das Sollen das „gesetzmäßige Wollen“, das Wollen gemäß den Gesetzen der Ethik (Cohen 1904, 26). Die Ethik wird so zur Lehre des reinen Willens. Wie in der Erkenntnislogik, sichert der Ethik die Bezugnahme auf ein Wissenschaftsfaktum die Sachhaltigkeit der Grundlegung oder Denkerzeugung des Sollens. Für Cohen hat die transzendentale Methode von einem Wissenschaftsfaktum, vom Anspruch auf wissenschaftliche Erkenntnis, auszugehen, um die Prinzipien der Geltung solcher Erkenntnis auf- und auszuweisen. Cohens Ethik ist dabei auf das Faktum der Rechtswissenschaft abgestellt, vor allem der Staatsrechtslehre (Cohen 1904, 60 ff.). Der „reine“ Wille nämlich ist nur in einer reinen, also weder empirisch noch metaphysisch konzipierten Rechtslehre ausfindig zu machen: mit dem an die „Handlung“ geknüpften Recht liegt eine reine Form des Sollens vor, ein Inbegriff von normativen Sätzen nämlich. Speziell die Staatsrechtslehre entwickelt Cohen (1904, 68) zufolge ‚rein‘ die Idee der staatlichen Rechtsordnung. Der Wille muss zur Handlung werden, und die Handlung bildet das „Grundproblem der Ethik“. Der Staat erweist sich dabei als das eigentliche ethische Willenssubjekt, ist hier doch die Gemeinschaft moralischer, sich selbst bestimmender Personen repräsentiert; er verkörpert die Idee des sittlichen Subjekts als einer Gemeinschaft moralischer Wesen. Der reine Wille entpuppt sich somit als die im Staat konkretisierte Rechtsordnung (Cohen 1904, 74). Cohen als Transzendentalphilosophen ist dabei klar, dass eine solchermaßen konzipierte Ethik ein naturrechtliches Profil im modernen Sinne hat. Wie es heißt, bricht der „alte Zusammenhang des positiven Rechts mit dem Naturrecht“ immer wieder durch (Cohen 1904, 64). „Die Rechtswissenschaft bedarf der Ethik zu ihrer eigenen Grundlegung.“ (Cohen 1904, 214) Wie schon oben beim Marburger Neukantianer Cassirer sichtbar wurde, ist das Naturrecht strikte genommen „Vernunftrecht“; im Laufe der Geschichte, wird, wie Cohen (1904, 64 f.) sagt, die Vernunft auch im Recht „mündig“ gemacht, namentlich bei Kant und Fichte – der „hohe ethische Sinn“ des Naturrechts. „Das Recht des Rechtes ist das Naturrecht oder die Ethik des Rechts“ (Cohen 1904, 66). Zwar nimmt Cohen vielfach auf Grundbegriffe der Rechtswissenschaft Bezug, um sie als Material für die Konstitution des Begriffs des Menschen zu verwenden, dennoch bietet er nicht eine auf die Grundbegriffe der Rechtswissenschaft ausgelegte Rechtsphilosophie. Diese werden, wie bei den anderen diskutierten Neukantianern, einem eigenen Erkenntnisprogramm subordiniert, bei Cohen: das einer Ethik des reinen Willens. Insofern jedenfalls konnte man die rechtsphilosophischen Arbeiten von Stammler oder Kelsen etwa als Ausarbeitungen der Cohenschen Ethik für die Begründung des positiven Rechts wahrnehmen.

23Rückblickend ergeben sich mit Blick auf die Forschungsliteratur mehrere Fragen, die das Thema des abschließenden dritten Teils bilden: Lässt sich die Ausarbeitung der Prinzipientheorie des Neukantianismus für das Recht als ‚materiale‘ Wertlehre begreifen, die der ‚formalen‘ neukantianischen Wertlehre Inhalt gibt? Darauf gehe ich mit Blick auf den Südwestdeutschen Rickert ein, dessen Bestimmung des Rechts ebenfalls einer näheren Betrachtung unterworfen wird, in der Absicht, zu klären, wie sich neukantianisch der Begriff des Rechts konstruieren ließe. Und bildet Kelsens Lehre von der ‚Grundnorm‘ wirklich die rechtsphilosophische Ausformulierung von Cohens Ursprungsgedanken? Bevor diese Fragen traktiert werden, bietet es sich an, zudem eine Unterscheidung zu befragen, die sich mittlerweile eingebürgert hat: die zwischen Neukantianismus und juristischem Neukantianismus.

IV. Probleme im Verständnis neukantianischer Rechtsphilosophie

1. Juristischer Neukantianismus

24Bekanntlich ist die Ausgestaltung des Neukantianismus zur Rechtsphilosophie hauptsächlich eine eigenständige Leistung von philosophisch, an den Grundbegriffen ihres Gegenstandsbereiches und der Methode der Erkenntnis juristischer Gegenstände interessierten Juristen. Wegen des Einflusses neukantianischer Philosophie auf die Grundlegungsdebatten in der Rechtsphilosophie und Rechtswissenschaft des frühen 20. Jahrhunderts sowie der daraus resultierenden neukantianischen Prägung der Theoriebildung, hat man von einem „juristischen Neukantianismus“ gesprochen (Wapler 2008, Teil § 1.1 u. Teil 3; Ziemann 2009, 100 f.). Prima facie leuchtet eine solche Qualifizierung ein. Vor dem Hintergrund der im zweiten Teil dargelegten Bestimmung von Neukantianismus sollte sie allerdings auch Anlass für Verwunderung sein. Immerhin ist der Neukantianismus unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass er auf Kant zurückgreift in der entschiedenen Absicht der Fortentwicklung seiner Transzendentalphilosophie. Obwohl Neukantianer wie Cohen (1889; 1910; 1918), Bauch (1923a) oder Cassirer (1994) zugleich Kant-Exegeten sind, bringt der spiritus rector der südwestdeutschen Neukantianer Windelband (1915c, IV) den neukantianischen Umgang mit Kant schon früh einprägsam auf den Punkt: „Kant verstehen, heißt über ihn hinausgehen“, d. h., ihn systematisch weiterbilden. Ins gleiche Horn stoßen die anderen Neukantianer. Cohen (1902, VII) war es, wie er schreibt, „von vornhinein […] um die Weiterbildung von Kant‘s System zu tun“. Rickert (1924/25, 163–66) zufolge dürfen sich Neukantianer nur diejenigen nennen, die etwas Neues gebracht haben, und zwar so, dass sie „dadurch, dass sie auf Kant zurückgingen, die wissenschaftliche Philosophie zugleich vorwärts“ führten. Für Paul Natorp (1974, 243) wird nicht „etwa diese oder jene Aufstellung Kants starr festgehalten“, sondern es geht darum, dass „die Bearbeitung der Aufgabe, die er der Erkenntniskritik [...] mit Klarheit gestellt hat, mit gesammelter Kraft aufgenommen, was er und die großen vor und nach ihm zur Lösung dieser Arbeit beigetragen haben, gewissenshaft genutzt, geklärt, vertieft und weitergeführt wird“. Eine Strömung, die auf den Neukantianismus zurückgreift, um ihn in rechtsphilosophischer Hinsicht weiterzubilden, wäre also strikte ein Neu-Neukantianismus. Dies gilt umso mehr, als es in der praktischen Anwendung des Neukantianismus durch die Rechtswissenschaftler zu Transformationen von Theoremen eben des Neukantianismus kommt (vgl. hierzu Ziemann 2009, 148, 154 mit 29 ff.).

25„Juristischer Neukantianismus“ ist zwar ein ungenauer, jedoch durchaus handlicher Terminus, und über Worte sich zu streiten, führt nicht immer in der Sache weiter. In diesem Fall aber liegt es anders. Über den Einfluss des Neukantianismus auf die Theoriebildung der Juristen hinaus, hat man den Neukantianismus und den juristische Neukantianismus durch folgende Charakteristika gekennzeichnet (Wapler 2008, 148, 154 mit 29 ff.): Juristische Neukantianer seien solche Juristen und/oder Rechtsphilosophen, die eine persönliche Beziehung zu neukantianischen Philosophen haben und zudem die Kriterien erfüllen, die den Neukantianismus überhaupt auszeichnen: die Neukantianer trennen erstens Sein und Sollen, vertreten zweitens einen gegenstandserzeugenden Standpunkt und setzen sich drittens mit den Erkenntnismöglichkeiten der Wissenschaften auseinander.

26Nun ist das zuerst genannte Merkmal keine sachliche Auszeichnung: kein Neuplatoniker, Neuthomist, Neukantianer oder Neuhegelianer etwa kannte den Namensgeber seiner Denkrichtung persönlich. Aber auch die sachlichen Merkmale diskriminieren für sich genommen nicht zureichend. Sie treffen beispielsweise unter anderem ebenfalls auf sozialkonstruktivistische, postmoderne oder transzendentalpragmatische Spielarten der Philosophie zu. Für den Neukantianismus ist zu den genannten Merkmalen wichtig, dass und wie er Geltungstheorie ist, dass er also auf die Prinzipien der Geltung abgestellt ist und sie aus vorliegenden Geltungsansprüchen durch eine immanente Sinnklärung dieser Ansprüche selbst versucht zu ermitteln, so dass, wie der Neukantianer Bauch es einprägsam formuliert hat, Erfahrung Anfang und Ende der transzendentalen Methode ist: Anfang in ihrer Wirklichkeit, Ende in ihrer Möglichkeit (Bauch 1923b, 359 f.; 1923a, 131 f.). Mit Rickert gesprochen ist die Kultur eine wertbehaftete Wirklichkeit und damit der Ort, an dem sich die Geltung bzw. der Wert realisiert; entsprechend ist die Kultur ihm einerseits das „empirisch gegebene ‚Material‘“ und anderseits der „Gegenstand“, der philosophisch auf seinen Begriff zu bringen ist (Rickert 1934, 161).

2. Formale versus materiale Wertlehre

27Stellt man diese methodische Disposition neukantianischer Transzendentalphilosophie in Rechnung, dann wird ebenfalls sichtbar, dass man die Durchführung einer neukantianischen Philosophie des Rechts nicht als eine „inhaltliche und materiale“ Aufladung der Wert- oder Prinzipienlehre im Unterschied von einer ‚formalen‘ verstehen sollte (so hingegen bei Ziemann (2009, 139) und Wapler (2008, 157)). Es ist nämlich nicht so, dass ein Kulturgebiet spezifizierender Wert zunächst formal ist und sodann inhaltlich belastet wird, sondern die Bestimmung und Unterscheidung eines Kulturgebiets ist immer schon inhaltlich spezifiziert, sonst bliebe es beim ‚Wert überhaupt‘. Zudem konstituiert ein geltungsregionaler Grundwert wie etwa Wahrheit, Schönheit oder Recht die jeweilige Sinnsphäre bzw. das jeweilige Wertgebiet. Insofern ist der Wert als Konstituens konkreter Gegenständlichkeit konzipiert – eben nicht als eine abstrakte Allgemeinheit, die einer nachträglichen Aufladung mit Inhalt bedürfte. Gerade in ihrer gegenstandsermöglichenden Funktion sind Werte von einer transzendentalen Philosophie der Kultur bzw. Philosophie eines Kulturgebiets auf den Begriff zu bringen. In der Transzendentalphilosophie ist der ‚Wert‘, der ‚Begriff‘, das ‚Prinzip‘, die ‚Idee‘ nicht als bloß formal gedacht. Ebendies macht nach Kant, auch wenn er das Verhältnis von ‚Verstand‘ und ‚Sinnlichkeit‘ anders konzipiert als die Neukantianer, den transzendentalen Gesichtspunkt schon der Logik aus: eine transzendentale Logik abstrahiert nicht vom Inhalt, sondern dem Denken eignet ein materialer Gebrauch, den es zu bestimmen gilt.

28Rickerts Ausführungen zur Methodik philosophischer Erkenntnis und zum damit verbundenen Allgemeinheitscharakter ihrer Begriffe mögen dies erhellen: Obwohl Philosophie immer „generalisierende Erforschung der irrealen Sinngebilde“ ist (Rickert 1929, 597), unterscheidet Rickert bezüglich der Abstraktion in dieser Generalisierung eine generalisierende Abstraktion der Gattungsallgemeinheit von der isolierenden Abstraktion philosophischer Begriffsbildung. Im Einklang mit seiner Heterologie, d. i. seiner Lehre von der Grundstruktur des Denkens, aus der hervorgeht, dass Inhalt selbst ein formaler Faktor der Erkenntnis ist, sind Begriffe im Sinne von Prinzipien nicht als abstrakte Allgemeinheiten und Produkte generalisierender Abstraktion zu denken, sondern als Konstituentien konkreter Gebilde. Entsprechend sucht die Philosophie nicht den allgemeinen Begriff von Individuellem, sondern den allgemeinen Begriff eines Allgemeinen (Rickert 1939, 27 ff.). Methodisch geht sie dabei in der Weise der „isolierenden Abstraktion“ vor (Rickert 1939, 29), d. i. die Methodik der Geltungsreflexion. Indem Rickert (1928, 41) von dieser geltungsreflexiven Reduktion auch als von einer ‚isolierenden Abstraktion‘, einer „zu Ende geführten Subtraktion“ oder „allmählichen Verminderung“ spricht, sogar die Form des Subjekts bisweilen als „nur leere Form“ (1928, 59 u. ö.) bestimmt, beschwört er – ganz entgegen seiner Intention und Durchführung – den von Grund auf verfehlten, aber populären ‚Formalismusvorwurf‘ geradezu herauf. Indes ergibt sich im Zuge seiner Heterologie Inhalt selbst als eine Form des logischen Denkens (Rickert 1924a, 11 ff.; 1921, 52 f.). Entsprechend weist Rickert (1939, 26) das Bewusstsein überhaupt als „Inhaltsbewusstsein überhaupt“ aus. Folgerichtig moniert er das Verständnis des Wertes als einer bloß ‚abstrakten Allgemeinheit‘ und die Verwechslung der Wertgeltung mit der abstrakten Gattungsallgemeinheit eines Wertgehalts (Rickert 1924b, VIII).

29Die Formalität des recht verstandenen Formalen besteht in seiner Funktion, Bestimmungsbedingung des Konkreten zu sein. Dies haben gerade die Neukantianer prägnant herausgearbeitet, denkt man zum Beispiel an Windelbands Auffassung der Synthetizität des Bewusstseins (1915a; 1915b; 1912), Rickerts ‚Gegenstandsmodell‘ (1924a, 8 ff.; 1921, 50 ff.), Bauchs Bestimmung des Logischen als ‚abstrahent‘ und ‚konkreszent‘ (1914; 1923b, 283 f.; 1926, 133 f.) oder Cassirers Unterscheidung des ‚Substanzbegriffs‘ vom ‚Funktionsbegriff‘ (1976). Als logisch Primäres enthält das Formale die Bestimmungen des Konkreten in seiner Konkretheit. Für eine Transzendentalphilosophie auf der Reflexionsstufe Rickerts etwa kann es nichts Denkfremdes, nichts Nicht-Geltungsartiges, nichts nicht aus der Geltung selbst Konstituiertes geben, sondern höchstens Stufen relativer Ursprünglichkeit. Bezüglich der theoretischen Sphäre beispielsweise reichen diese Stufen von der Ursprungssynthesis des Denkens im Modell eines Gegenstandes überhaupt bis hin zur Konstitution des konkret-gegenständlichen Sinns durch methodologische Erkenntnisformen. Sie ergeben so ein System von Werten, die den theoretischen Sinn prinzipiieren, ein System, das selbst wiederum Teil des Systems der Werte ist. Auch das Recht wäre ein solches System: ein System von Rechtsbestimmungen, das seine Stelle im System der Werte hat. Diese Stelle exponiert die grundlegende Bestimmung des Rechts. Sie ließe sich sodann hinsichtlich konkreterer Rechtsbestimmungen ausarbeiten. Zunächst aber: wie ist der Rechtswert bestimmt?

3. Der Rechtswert in Rickerts System der Werte

30Bekanntlich ist es für Rickert sehr wichtig, dass eine Philosophie spezifischer Wertsphären nur auf der Grundlage logischer und methodischer Bestimmungen möglich ist. Wie für die Transzendentalphilosophie typisch, gründet Ontologie in Erkenntnistheorie und Methodologie, d. i. in den Formen theoretischer Erkenntnis von Gegenständen. Rickerts Methodologie wissenschaftlicher Begriffsbildung ist, wie im vorhergehenden Abschnitt angedeutet, keine abstraktionstheoretische Konzeption. Anstatt den Bezug zur ‚wirklichen Welt‘ preiszugeben, versteht sie, dem transzendentalen Ansatz gemäß, die wissenschaftliche Begriffsbildung in ihrer objektiven Bedeutung, überwindet also geradezu den wirkungsmächtigen Subjekt-Objekt-Dualismus: methodologische Prinzipien bestimmen mögliche Objekte eines jeweiligen Forschungsgebiets.

31Näherhin unterscheidet Rickerts Methodologie der empirischen Wissenschaften Natur- und Kulturgegenstände: Während die Natur in der Perspektive der Naturwissenschaften als wert- oder sinnfreie Wirklichkeit gedacht ist, konzipieren die Kulturwissenschaften Kultur als eine sinnvolle oder wertbehaftete Wirklichkeit. Rickerts Methodologie bestimmt jedoch nicht, was es für Kulturphänomene gibt: um die Kultur in ihrer konkret-inhaltlichen Bestimmtheit zu bestimmen, muss die methodologische, allgemein: die logische Thematisierung ergänzt werden, und zwar durch ein philosophisches System der Werte, sind es doch Werte, die die kulturelle Wirklichkeit konstituieren. Die Logik fordert also ihre Ergänzung durch eine Philosophie der Prinzipien (Werte) der Kultur, die die Kultur sowohl in ihrer Einheit als in ihrer Vielheit versteht, d. h. die verschiedenen Wertsphären und deren Grundlage begreift. Den südwestdeutschen Neukantianern zufolge sind die Prinzipien der kulturellen Wirklichkeit Werte; um sie zu finden und zu bestimmen, müssen Kulturwissenschaft und Philosophie miteinander verbunden werden: die Kulturwissenschaft liefert ‚Material‘ für die philosophische Reflexion; die Philosophie als Philosophie der Werte thematisiert die Wert- oder Geltungsbestimmtheit dieses kulturellen Materials und systematisiert es.

32Werte lassen sich nur als Teil eines Systems der Werte zureichend rechtfertigen, d.i. in ihrer Geltung bestimmen, also nicht als irgendein positivistisch oder metaphysisch ‚Gegebenes‘. Dies gilt für jedweden Wert, folglich auch für Werte wie Sozialität oder Gerechtigkeit. Durch ihre spezifische Stelle im System der Werte werden sie als absolute Werte begründet, d.i. als Werte, die dem Menschen als eines Subjekts seines Denkens und Handeln intrinsisch zugehören, also dessen Bestimmung als vernunftbegabtes Wesen ausmachen. Die jeweiligen (spezifischen) Kulturgebiete sind konstituiert durch die jeweiligen (spezifischen) Werte (Prinzipien). Indem die Kulturgebiete als Teile eines umfassenden Systems der Werte gedacht werden, werden sie zugleich in ihrer spezifischen Wertbestimmtheit bestimmt. Rickert bietet uns einen transzendentalen, nicht-metaphysischen Begriff eines solchen Wertsystems. Seine Grundlegung etwa der sozialen Wirklichkeit integriert die methodologische Perspektive wissenschaftlicher Begriffsbildung und die Perspektive des Systems der Werte. Durch diese Kombination von Methodologie und Systemdenken vermag Rickert es, Normativität in nicht-naturalistischer Weise methodologisch zu begreifen und zugleich zu vertreten, dass das Soziale – und damit auch das Recht – ein objektiver Wert ist, dem Subjekte sich unterwerfen sollen.

33Was die Stelle des Rechts im System der Rickertschen Philosophie der Werte betrifft, muss man in Rechnung stellen, dass Rickert von der Perspektive des Systems her gesehen die Ethik als eine ‚Sozialethik‘ denkt (1921, 328 ff.; 1914, 214 ff.; 1934, 188 ff.). Innerhalb dieser Sozialethik im weiten Sinne unterscheidet Rickert eine Individualethik und eine Sozialethik im engen Sinne. Diese nimmt nicht, wie die Individualethik, das Individuum – das im Rahmen der Ethik stets ein soziales Individuum ist – in den Blick, sondern richtet sich auf die sozialen Verhältnissen zwischen den Individuen. Sie führt bei Rickert zum Problem der ‚überpersönlichen‘ Güter. Die Philosophie des Rechts gehört zur Sozialethik im engen Sinne. Tatsächlich argumentiert Rickert im Kontext einer Kritik der Naturrechtsdoktrin für ein allgemeingültiges ‚normatives Recht‘, für einen gültigen „Wertbegriff des Rechtes“ (1929, 724) also; für einen Begriff, der damit zwar formal im transzendentalen, nicht aber formal im abstrakten Sinne ist. Gleichwohl fristet das Recht in Rickerts Wertphilosophie ein Schattendasein: Rickert macht zwar vereinzelte Bemerkungen zum Recht, entwickelt jedoch keine eigene Philosophie des Rechts, die den Gehalt des Wertbegriffs des Rechts Definitheit verleiht.

4. Kelsens Grundnorm als Ausgestaltung des Hypothesis-Gedankens Cohens

34Die Berücksichtigung der methodischen Disposition neukantianischer Transzendentalphilosophie macht noch ein Weiteres sichtbar. Es handelt sich geradezu um ein Kuriosum, das diesmal eine These nicht von Juristen, sondern von Neukantianismus-Forschern betrifft, und zwar bezüglich Hans Kelsen. Gelegentlich wird Kelsen zum juristischen Neukantianismus gerechnet. Zweifelsohne hat er sich eingehend mit sowohl dem südwestdeutschen als auch dem Marburger Neukantianismus beschäftigt. Er behauptet geradezu, seine Reine Rechtslehre könne „in Analogie zur Kants Erkenntnistheorie“ als eine „transzendentallogische Rechtfertigung der Geltung des positiven Rechts“ aufgefasst werden (Kelsen 1968e, 1427; 1968c, 339). Während aus der Perspektive Kants und des südwestdeutschen Neukantianismus diese Einschätzung Kelsens als „Verballhornung“ beurteilt wurde (Krijnen 2017, 81), begrüßen renommierte Cohen-Forscher Kelsens Grundnorm als das Ergebnis einer Anwendung der transzendentalen Methode Cohens auf die Rechtswissenschaft.

35Allen Gegenwärtigen voran, ist Helmuth Holzhey (1984; 1986; 1988) dem Verhältnis von Kelsen und Cohen aus philosophischer Sicht nachgegangen. Holzhey ist der Auffassung, Kelsens Reine Rechtslehre stelle eine „Gestalt des Vernunftrechts dar, wie sie durch Hermann Cohen vollzogen wurde“ (1984, 100; vgl. 1986, 186 u. ö.). Entscheidend für diese Beurteilung ist, dass Kelsens Grundnorm als Geltungsgrund der Rechtsordnung im Sinne einer „rechtslogischen Voraussetzung“ fungiere (Holzhey 1984, 100). Holzhey (1984, 100) unterstreicht zu Recht, für Kant sei die Grundlage des positiven Rechts in der bloßen Vernunft zu suchen. Die normative Rechtsidee sei vernünftigen „Ursprungs“ (Holzhey 1984, 101). Näherhin bilde das Prinzip des Rechts die Vereinigung der Willkür aller nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit; Freiheitssicherung sei der Zweck des Rechts (Holzhey 1984, 101). Für Holzheys These indes spielt diese inhaltliche Bestimmung des Rechtsprinzips keine Rolle. Vielmehr stellt er ganz auf das ab, was er als die „methodische Vernünftigkeit des Rechts“ bezeichnet (Holzhey 1984, 104 ff.). Zwar macht Holzhey kenntlich, dass mit dieser methodischen Orientierung der „ethisch-naturrechtliche Sinn“ der Ethik Cohens preisgegeben werden muss, die „inhaltlichen Momente“ also der Methode geopfert werden; dies müsse jedoch als eine Konsequenz der Cohenschen „Abarbeitung naturrechtlicher Traditionen“ aufgefasst werden (1984, 104). Allerdings sei es nicht mit Cohens Begriff der Reinheit konform, wie Kelsen die Rechtslehre von der Ethik zu lösen (Holzhey 1984, 105). Mittels der Methode der Reinheit erzeuge Cohen die Grundbegriffe, die Grundlage seiner Rechtsphilosophie; die Methode der Reinheit sei ein Erkenntnisvorgang. So kommt es zu Holzheys These: Kelsens Theorie der Grundnorm bilde „rechtstheoretisch Cohens Lehre vom Ursprung der Erkenntnis im Denken ab“ (1984, 106). Sie ist seines Erachtens die „transzendentale Geltungsbedingung eines Systems von Rechtsnormen“ (1984, 107). Dabei gibt Holzhey (1984, 106) Kelsens Grundnorm in derjenigen Fassung wieder, die besagt, man solle sich gemäß der Verfassung verhalten.

36Schon diese Formulierung hätte aus transzendentalphilosophischer Sicht stutzig machen sollen, gerade wenn man einsetzt mit Kants Bestimmung der Sicherung der äußeren Willkürfreit als Zweck des Rechts. Oder um es mit einer Wendung aus Kants Kritik der reinen Vernunft zu sagen: im Unterschied von einer „allgemeinen“ Logik (bloß formalen Logik), abstrahiert eine „transzendentale“ Logik gerade nicht vom Inhalt der Erkenntnis, sondern denkt die logischen Bestimmungen als Inhaltsbestimmungen; sie geht, wie Kant sagt, auf den „Ursprung“ unserer Erkenntnisse (1910 ff., Bd. V, B 79 f.), denkt die Form also als Inhalt formende Form. Im Falle des Rechts formt die Form den Inhalt des Rechts. Der Inhalt des Rechts ist entsprechend als Bestimmung der Freiheit konzipiert. Positives Recht hat als Recht dieser freiheitsfunktionalen Ausrichtung zu genügen. Bekanntlich ist in Cohens Ethik die Bestimmung des Menschen qua sittliches Wesen thematisch. Mit Blick auf das Recht formuliert: Gerechtigkeit ist das Grundprinzip des Rechts, wie Cohen auch sagt: „Die Gerechtigkeit ist die Tugend des Rechts und des Staates“ (1904, 565). Hingegen ist Gerechtigkeit als Rechtsprinzip bei Kelsen ausdrücklich nicht vorgesehen. Kelsens Grundnorm zeichnet sich durch eine formale Rationalität aus, die abstrahiert vom Inhalt: jeder Inhalt kann Kelsen Recht sein, vorausgesetzt das Rechtserzeugungsverfahren ist korrekt (vgl. u. a. Kelsen 1960, 199 ff., 50 f.).

37Die Ineinssetzung von Cohens Ursprung mit Kelsens Grundnorm ist in einem doppelten Sinne formalistisch. Zum einen reduziert sie Geltungsprinzipien auf bloße Erzeugungsprinzipien (es tritt gewissermaßen Kants subjektive Deduktion an die Stelle einer objektiven Deduktion reiner Begriffe), lässt also den zu erzeugenden Inhalt – Recht als vernünftige Freiheitsbestimmung – beiseite. Zum anderen sieht sie vom Inhalt der Kelsenschen Grundnorm ab. Denn die Grundnorm wird durch den Rekurs auf eine „historisch erste Verfassung“ als notwendige Bedingung des Rechts abgestützt. Diese historische Verfassung bildet bei Kelsen meist die fundamentale Ebene der normativen Hierarchie der Rechtsordnung. Sie sei keiner weiteren Begründung fähig. An ihr hängt gleichwohl die intersubjektive Verbindlichkeit des Rechts. So gesehen ersetzt die historisch erste Verfassung formaliter den Begriff der Gerechtigkeit. Recht gilt Kelsen immer nur relativ und hypothetisch; es gründet nicht in einem objektiven Prinzip, sondern ist das Ergebnis menschlicher Leistungen gemäß eines generativen Rechtserzeugungsverfahrens. Der Wert dieses Verfahrens ist Kelsen zufolge selbst „hypothetisch“ „vorausgesetzt“ (1968b, 256 f.; 1968c, § 4; 1968e, 1421 ff.; 1968d, 75): Falls vorausgesetzt wird, dass eine gewisse Institution autorisiert ist, Rechtsnormen zu setzen, dann ist richtiges Recht Recht, das durch dieses Rechtsorgan erzeugt ist. Diese Voraussetzung einer höchsten Rechtsautorität, etabliert durch die Grundnorm, ist der Geltungsgrund der Normativität eines Rechtssystems. Innerhalb der Sphäre des positiven Rechts bleibt die Geltung dieser Voraussetzung jedoch, wie Kelsen (1968b, 256) sich ausdrückt, „unbegründet und unbegründbar“.

38Transzendentalphilosophisch gesehen aber ist eine solche Grundbestimmung des Rechts mitnichten ‚Denken‘, ‚Vernunft‘ o. ä. Vielmehr besagt sie gerade die Absicherung der Grundnorm in einem vorgegebenen (wenn auch fingierten) Faktum. Immer wieder betont Kelsen, dass nicht nur Gott oder die Natur nicht als Geltungsgrundlage zu fungieren vermögen, sondern eben auch die Vernunft vermag es nicht. Vernunft in diesem pejorativen Sinne ist dann gedacht als eine objektive Vernunft im Unterschied von einer menschlichen, subjektiven. Kelsen präsentiert Kant in diesem Kontext unermüdlich als Metaphysiker, und damit als Repräsentanten der Naturrechtstradition im Kelsenschen Sinne. Dies passt gut zu der Identifikation von (objektiver) Vernunft als Grund von Normativität mit Gott, die Kelsen fortwährend und umstandslos vornimmt. Diese Kelsensche Identifikation läuft schließlich auf die These hinaus, die Naturrechtslehre gründe in einem religiös fundierten Begriff von Normativität, nicht auf „rationalen Argumenten“, auf „logisch-rationalem Denken“ (Kelsen 1968a, 869, 873). Noch abgesehen davon, dass Kelsens Kant-Deutung bezüglich der Grundlage von Normativität derjenigen der Neukantianer diametral entgegengesetzt ist, konzipieren sie die Vernunft als Nicht-Metaphysisches, als Subjektivität im Sinne eines Inbegriffs von Prinzipien, die als Geltungsgrund für jedwede Objektivität fungieren. Dagegen verfügt Kelsen nur über einen subjektiven Begriff von Vernunft oder Rationalität. Dies führt ihn unter anderem zu seinem positivistischen Ansatz in der Konstruktion des Rechts, seiner Auffassung der hypothetischen Gültigkeit von Normen sowie seinem wissenschaftlichen Abschied vom Begriff der Gerechtigkeit als Inhalt des Rechts. Er verzichtet also auf die objektive Bedeutung der Vernunft, während sie für die Transzendentalphilosophie zwecks Bestimmung des Rechts wie eines jedweden anderen Kulturphänomens ausschlaggebend ist.

39Auch für Cohen ist es die Eigengesetzlichkeit der Vernunft, die als Geltungsgrundlage fungiert. Mit Kelsen wendet er sich zwar gegen metaphysische und naturalistische Normativitätsverständnisse, an deren Stelle tritt jedoch tritt die Vernunft. Er buchstabiert sie freilich nicht als spekulativen Idealismus, sondern als kritischen Idealismus aus. Gleichwohl ist seine Philosophie des Rechts vom Ursprung her freiheitsfunktional ausgerichtet. Ein „neukantianischer Vernunftbegriff“, der bloß auf der „Methode der Erzeugung“ aufbaut (Holzhey 1986, 167), ist mit Blick auf Kelsen unterbestimmt. Auch in der methodischen Bestimmtheit ist das Woraufhin der Erzeugung in Rechnung zu stellen. Wenn die „transzendentale Methode“ auf den „Nachweis des Gesetzesgrundes“ von Vernunftleistungen des Menschen ausgerichtet ist (Holzhey 1986, 175), dann ist dieser Gesetzesgrund die Vernunft und keine durch Vernunft angenommene externe Größe wie eine historisch erste Verfassung. Konstituiertes träte an die Stelle von Konstituierendem, Sein an die Stelle von Denken. Nicht nur, dass eine immer vorausgesetzte Grundnorm in Anschlag gebracht wird, ist für den kritischen Idealismus das Entscheidende, sondern auch Wie und in welcher Bestimmtheit sie in Anschlag gebracht wird.

40Laut Holzhey gibt es zwar einen Unterschied zwischen Kelsens Rechtsfundierung ohne ‚Ethik‘ bzw. ‚Naturrecht‘ und Cohen. Immerhin konzipiere Cohen seiner ethischen Profilierung entsprechend die Grundnorm als „Sittengengesetz“, als fundiert in der „Gesetzgebung praktischer Vernunft“; das praktische Gesetz werde als etwas „vernünftig-Allgemeines“ begriffen. Dieser Unterschied solle jedoch „nicht zu groß gesehen werden“ (Holzhey 1986, 186). Dagegen liegen gerade in diesem Unterschied (trotz aller Kritik Cohens an Kants materialem Apriori der Rechtslehre) Welten der Philosophie als radikaler Fundierungslehre. Der Rekurs auf eine historisch erste Verfassung und der Fokus auf das methodisch korrekte Erzeugen von Rechtsgesetzen auf jener Grundlage setzen das Recht qua objektives Kriterium immer schon voraus. Dieses immer schon vorausgesetzte objektive Kriterium zu bestimmen und zu begründen, ist das Kernanliegen neukantianischer Rechtsphilosophie.

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